BUND Hochrhein

Erfolg für die BUND-Klage im Fall Kesslergrube: Bundesverwaltungsgericht gibt der Revision statt

28. Juni 2023 | Kesslergrube

BUND hat Klagerecht gegen Sanierungsentscheidung zur Kesslergrube.

Postkarte "Der Dreck muss weg" (Lothar Späth)

Grenzach-Wyhlen/Stuttgart/Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat in seinem gestrigen Urteil der Revision des BUND Baden-Württemberg gegen die geplante Altlastensanierung der Kesslergrube in Grenzach-Wyhlen durch die BASF stattgegeben. Nun muss der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg unter Berücksichtigung der Hinweise des Bundesverwaltungsgerichts in der Sache entscheiden. Der Umweltverband fordert für Teile der ehemaligen Kiesgrube eine vollständige Entfernung der Schadstoffe.


Die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch zeigt sich hocherfreut über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: „Höchstrichterlich ist nun geklärt, dass Umweltverbände ein Klagerecht  bei der Sanierung von Altlasten haben. Damit zahlt sich unsere beharrliche Arbeit, getragen vor allem durch unsere ehrenamtlich Aktiven vor Ort und tatkräftig unterstützt durch die Gemeinde Grenzach-Wyhlen, aus und zeigt Wirkung. Nun ist BASF gefordert, in sich zu gehen und die Kesslergrube nachhaltig zu sanieren, und nicht auf den endgültigen Ausgang des Verfahrens zu warten.“


Das Bundesverwaltungsgericht folgte in seinem Urteil der vom BUND eingelegten Revision, welche die auf Umweltrecht spezialisierte Freiburger Kanzlei Sparwasser & Schmidt für den BUND eingelegt hatte.

Ein Umweltverband gegen den Sanierungsplan gerichtlich vorgehen

Bisher ist von den Gerichten noch nicht in der Sache geprüft worden, ob die Sanierung rechtmäßig ist. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht dies auch nicht in der Revision entscheiden können. Hier stellt sich die grundlegende Frage, ob eine Sicherung einer Altlast für die nächsten 50 bis 100 Jahre dem Nachhaltigkeitsgrundsatz des § 1 BBodSchG und des Art. 20a GG gerecht wird, wenn die Schadstoffe unter den Bedingungen der geplanten Lagerung Abbauzeiten von mehr als 10.000 Jahren haben werden.

Auch der Bürgermeister von Grenzach-Wyhlen, Dr. Tobias Benz, betonte die Bedeutung des BVerwG-Beschlusses für seine Gemeinde: „Ich freue mich sehr, dass mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ein wichtiger Zwischenerfolg erreicht wurde und der Sanierungsplan nun endlich inhaltlich durch den Verwaltungsgerichtshof darauf geprüft wird, ob er den gesetzlichen Anforderungen genügt. Wir haben gute Argumente gegen die Einkapselung und freuen uns darauf, dass diese im weiteren Verfahren nun im Mittelpunkt stehen werden und nicht mehr Fragen von Zulässigkeit und Klagebefugnis. Ziel der Gemeinde ist eine nachhaltige Sanierungsform dieser sensiblen Altlast im Sinne der Generationengerechtigkeit.“

Nachhaltige Sanierung wirtschaftlich vertretbar

Das Gerichtsverfahren – nunmehr über drei Instanzen – war notwendig geworden, da BASF nicht bereit war, die Schadstoffe in der Kesslergrube zu beseitigen. Dabei zeigt die Sanierung des anderen Teils der Kesslergrube, die derzeit von Roche durchgeführt wird, dass eine nachhaltige Sanierung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand möglich ist.

Schadstoffe nicht den nachfolgenden Generationen überlassen

Irene Blaha von der Ortsgruppe des BUND in Grenzach-Wyhlen verweist auf die Generationengerechtigkeit: „Aktuell wird in der Diskussion zum Klimawandel über diesen Aspekt neu diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass BASF keine nachhaltige Lösung anstrebt, sondern – vom Land genehmigt – über Teile der hochtoxischen Schadstoffe einfach einen Deckel stülpt, der nach unten offen ist. Damit wird die Beseitigung der Schadstoffe den nachfolgenden Generationen überlassen.“


Auch Rechtsanwalt Peter Neusüß, der das Verfahren bei der Kanzlei Sparwasser & Schmidt betreut, ist überzeugt: „Mit der Revisionsentscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Umweltverbände gegen die Verbindlichkeitserklärung von Sanierungsplänen klagen und gerichtlich überprüfen lassen können, ob die Sanierung den Anforderungen des Bundesbodenschutzgesetzes entspricht. Damit bietet sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz auch für den Bodenschutz und die Altlastensanierung die Chance, dass abermals die Gerichte dem in der Verfassung verankerten Nachhaltigkeitsgrundsatz die erforderliche rechtliche Schärfe verleiht und der Lastenverschiebung auf künftige Generationen Einhalt gebietet.“

Hintergrund:

In der Kesslergrube wurden unter anderem von Rechtsvorgängern der BASF Abfälle aus der Chemieindustrie eingelagert. Proben haben eine sehr hohe toxische Belastung festgestellt.
Der Sanierungsplan der BASF für ihren Teil der Kesslergrube („Geigy-Grube“) sieht dennoch bloß Spundwände und Grundwasserpumpen vor. Er wurde aber vom Landratsamt Lörrach genehmigt und vom Regierungspräsidium Freiburg im Widerspruchsverfahren bestätigt. Dagegen erhoben die Gemeinden Grenzach-Wyhlen, Riehen und Muttenz, der BUND Baden-Württemberg und die Baugenossenschaft Grenzach im Oktober 2017 Klage, um eine echte Sanierung zu erreichen, wie sie im Roche-Teil der Kesslergrube derzeit erfolgreich durchgeführt wird. Die Klagen wurden vom Verwaltungsgericht abgewiesen, die Berufung des BUND wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg weitgehend als unzulässig, im Übrigen als unbegründet zurück und ließ die Revision nicht zu.


Der von BASF entwickelte und vom Land Baden-Württemberg bestätigte Plan weist gravierende rechtliche Mängel auf, die das Landratsamt und BASF im Verfahren bislang nicht widerlegen konnten: Der genehmigte Sanierungsplan wirkt nicht nachhaltig. Seine Datengrundlage ist mangelhaft. Er schützt das Grundwasser nicht hinreichend. Er schließt eine weitere und noch gefährlichere Ausbreitung von Schadstoffen nicht aus. Sie könnten sogar die Trinkwasserversorgung erreichen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Klage – bei der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung – zulässig.
 

Weitere Informationen:

Kontakt für Rückfragen:

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb